Schwarze, weiße und graue Schwäne
- Christoph Polly
- 31. Jan. 2022
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 10. Feb. 2022

Seit der Veröffentlichung von Nassim Nicholas Talebs Buch „The Black Swan“ sind mittlerweile mehr als 14 Jahre vergangen, sein Inhalt erscheint aktueller denn je. Schwarze Schwäne beschreiben die „unknown unknowns“ und lassen sich als sehr seltene, unvorhersehbare Ereignisse mit folgenschwerer Wirkung charakterisieren und in der Regel erst im Nachhinein vollständig erklären. Weiße Schwäne treten hingegen mit hoher Wahrscheinlichkeit und geringer Auswirkung auf. Da sie sich verlässlich vorhersagen lassen, kann auch das von ihnen gegebenenfalls ausgehende negative Potential mittels gezielter Maßnahmen sehr oft reduziert oder überhaupt gänzlich vermieden werden. Dazwischen liegen die grauen Schwäne, die „known unknowns“: Sie zeichnet eine geringe Eintrittswahrscheinlichkeit gepaart mit großer Wirkung aus. Ihr möglicher Eintritt lässt sich ebenfalls immer besser prognostizieren.
Risiken – weiße und graue Schwäne – einerseits und Unsicherheiten – schwarze Schwäne – andererseits prägen unsere Zivilisation seit Menschengedenken. Während es uns zunehmend gelingt, Risiken aktiv zu steuern, versagen diese Strategien und Instrumente häufig im Umgang mit Unsicherheiten. Umgekehrt handelt es sich nicht bei jedem Extremereignis automatisch um einen schwarzen Schwan. Vielmehr lassen sich hier graue Schwäne beobachten: Geheimdienste haben geraume Zeit vor einem Terroranschlag wie 9/11, Wirtschaftsexperten vor der Finanzkrise und nicht zuletzt die Weltgesundheitsorganisation und das Weltwirtschaftsforum vor einer Pandemie wie COVID-19 gewarnt. Wirklich ernst genommen wurden sie allesamt nicht.
Folgen wir Talebs Definition, so lassen sich beispielsweise der Erste Weltkrieg oder das Internet als schwarze Schwäne charakterisieren. Unsicherheiten begegnen wir idealerweise mit Offenheit, diversen Teams, der Auseinandersetzung mit eigenen Vorurteilen und mangelnder Objektivität sowie einem kritischen Hinterfragen bewährter Methoden, Prozesse und Tools. Dadurch sind wir am ehesten in der Lage, das Unvorstellbare zu antizipieren.
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Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht auf LinkedIn am 7. Juli 2021.
Bildquelle: Global Association of Risk Professionals
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